In den Verfahren zwischen mehreren Unternehmen und dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein (ULD) vor dem Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein wurde eine weitere Runde im Kampf zwischen Facebook und der Datenschutzbehörde ausgetragen. Das Gericht hat entschieden, dass Unternehmen, die eine Fanpage bei Facebook betreiben, nicht für die Datenschutzverstöße auf der Plattform verantwortlich gemacht werden können, die aufgrund der von Facebook zur Verfügung gestellten Funktionalitäten erfolgen.
Da Facebook die Daten der Nutzer einer Fanpage erfasst, hatte die Aufsichtbehörde einigen Unternehmen mit Fanpage auferlegt, diese zu deaktivieren und hatte Bußgelder angedroht. Gegen diese Bescheide sind drei betroffene Unternehmen vor Gericht gegangen.
Für Unternehmen ist dies eine gute Nachricht. Denn zeitgemäßes Marketing kann Social Media Kanäle nicht ignorieren. Hier sind amerikanische Anbieter – allen voran Facebook – immer noch führend. Und den Anbietern ist das deutsche Recht offensichtlich weniger wichtig.
In rechtlicher Hinsicht ist die Entscheidung gut vertretbar, auch ohne die genaue Begründung des Gerichts zu kennen. In der Pressmitteilung des Gerichts heißt es, dass in datenschutzrechtlicher Hinsicht keine Verantwortlichkeit besteht, wenn das Unternehmen weder tatsächlichen noch rechtlichen Einfluss auf die Datenverarbeitung habe. Es bleibt abzuwarten, wie die genaue Begründung aussieht. Allein die Tatsache, dass man eine Fanpage betreibt, reichte dem Gericht nicht aus, um eine Verantwortlichkeit zu befürworten. Führt diese Ansicht in letzter Konsequenz dazu, dass ich durch die Auswahl eines autonomen Dienstleisters aus dem Ausland deutsches Datenschutzrecht umgehen kann? So einfach ist es sicher nicht, aber ich bin gespannt, wie das Verfahren weitergeht.
Das ULD war der Ansicht, dass die Unternehmen für die Datenschutzverstöße durch Facebook zumindest mitverantwortlich sind, da diese ja bewusst eine Fanpage einrichten und unterhalten. Grundsätzlich steht es ja in der freien Entscheidung eines jeden Unternehmens, eine Fanpage zu betreiben oder nicht.
Für die Bürger ist diese Entscheidung in Zusammenhang mit einer weiteren gerichtlichen Entscheidung zu bewerten. So wurde bereits entschieden, dass Facebook in Irland nicht zur Anwendung deutschen Datenschutzrechts gezwungen werden kann. Die Folge dieser beiden Entscheidungen wäre damit, dass für Facebook deutsches Datenschutzrecht nicht gilt. In Anbetracht der Skandale der jüngsten Vergangenheit (NSA, Prism), ist dies ein neuer Aspekt für die Diskussion um Relevanz und Einfluss sozialer Netzwerke auf den freiheitlich demokratischen Rechtsstaat. In einem Kommentar bei heise wird dieser Zusammenhang noch einmal beleuchtet.
Dieses Problem lässt sich aber nicht lösen, indem man den deutschen Unternehmen innovatives Marketing verbietet. Viel wichtiger wäre es, hier geeignete Mechanismen zu schaffen, die eine Umgehung der deutschen Relegungen verhindern. Aber das scheint derzeit eine unlösbare Aufgabe.
Warum wir Thilo Weichert dankbar sein sollten
Thilo Weichert, der Leiter des ULD, erntet mit seinem Verhalten harsche Kritik. Besonders dafür, dass er die Entscheidung des VG eventuell angreifen will. Dieses Verhalten ist keinesfalls lebensfremd und wir sollten ihm dankbar sein. Auch wenn es für die betroffenen Unternehmen natürlich keine schöne Angelegenheit ist, Prozesse führen zu müssen, so sorgen sie aber dennoch für Rechtssicherheit. Und diese Rechtssicherheit ist sehr wichtig. Viele Rechtsfragen beim Social Media Marketing sind nach wie vor ungeklärt. Ein bisschen mehr Rechtssicherheit hilft allen Beteiligten, die Risiken besser kalkulieren zu können. Das hilft widerum der Wirtschaft.
Insofern ist es nur zu befürworten, diese Rechtsfragen bis in die letzte Instanz auszutragen. Herr Weichert nimmt seine Aufgabe sehr ernst und dass ist richtig so.
Facebook Plugins?
So wie es aussieht, sagt die Entscheidung nichts über die Zulässigkeit von Social Plugins auf Unternehmenswebseiten aus. Hierbei handelt es sich nach wie vor um einen Datenschutzverstoß, der im Übrigen auch abmahnfähig ist. Das Problem lässt sich aber sehr einfach aus der Welt schaffen, in dem man die „Zwei-Klick-Lösung“ von heise in seine Internetseite einbaut.